Santa Clark

By Ines <Ines j_pennyfeather@yahoo.de>

Rated: PG

Submitted: December 2002

Summary: "Top-Investigative Reporter Lois Lane has to cover the traditional Christmas celebrations of the orphanage. Nothing she is very enthusiastic about. But who hides behind the disguise of Santa Claus? When Lois tries to find out, she experiences an unexpected surprise."

Die folgende Geschichte ist mein aller erster Fanfic-Versuch, ich hoffe, es ist nicht gar zu schlecht geworden, aber erwartet nicht zu viel. ;-) Das Ganze hat nämlich keinen A-Plot und ist nichts Besonderes, nur eine kleine waffy LnC- Weihnachtsgeschichte. Trotzdem wünsche ich allen, die sich trauen, viel Spaß beim Lesen!

Die Handlung spielt zu Weihnachten der 1. Staffel, kurz nach "Witness".

Die Charaktere dieser Geschichte sind urheberrechtlich geschützt von DC Comics, December 3rd Production und Warner Brothers. Die Idee dagegen ist meine!

Kritik und Kommentare sind willkommen unter j_pennyfeather@yahoo.de

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Diese Geschichte ist für alle FoLCs, vor allem aber für Nina, die unglaublich großzügig war und mich aus meiner traurigen Existenz ohne LnC-Videos befreit hat und für Christiane, die mit ihrer LnC-Homepage eine unglaubliche Leistung vollbringt. Vielen Dank!

***

"Ohh, Perry, wieso gerade ich! Sie wissen doch genau, wie ich diesen Weihnachtszirkus hasse! Diese ach so fröhlichen Gesichter, das nervtötende Lichtergeblinke und das freundliche Getue von Leuten, die ich nicht einmal leiden kann. Alle folgen dem Konsumzwang und verschenken nutzloses, völlig überflüssiges Zeug, das eh jeder nach dem zweiten Weihnachtstag wieder umtauscht — nicht dass ich je viel davon bekommen hätte…" Lois Lane, Top-Reporterin für den Daily Planet hatte sich in Fahrt geredet und gestikulierte dabei so wild mit den Armen, dass Perry White unwillkürlich einen Schritt zurückwich.

"Lois, Schatz, ich weiß ja, dass Weihnachten nicht gerade Ihre Lieblingszeit ist, aber wen sollte ich denn sonst schicken? Sehen Sie sich doch mal um," Perry White wies mit weit ausholender Geste auf den Nachrichtenraum, der sich durch eine ungewöhnliche Abwesenheit von Mitarbeitern auszeichnete.

Es war der Morgen von Heiligabend und die meisten der Angestellten waren heute gar nicht erst erschienen. Die wenigen Anwesenden waren damit beschäftigt, noch schnell die letzten Artikel fertig zu stellen, um den Abgabetermin für die Weihnachtsausgabe des Planets zu schaffen, bevor auch sie in die wohlverdienten Weihnachtsfeiertage gehen konnten. Auch Lois' Partner Clark Kent hatte sich bereits verabschiedet und war wohl schon auf dem Weg nach Smallville, um mit seinen Eltern ein beschauliches Weihnachtsfest zu verbringen.

"Ich könnte natürlich Eduardo schicken, aber seine Frau wird nicht begeistert sein, wenn er ausgerechnet heute Nachmittag Überstunden machen muss. Und Jennifer, na ja, sie hat zwei kleine Kinder…" Perry ließ den Satz einen Moment in der Luft hängen. "Sehen Sie es ein Lois, Sie sind so ziemlich die Einzige, die noch hier ist und die niemanden hat der…nun ja…" Perry zögerte einen Moment, unsicher wie er sich ausdrücken sollte, ohne Lois auf den Schlips zu treten.

"Sie meinen, ich bin die Einzige, die niemanden hat, der auf mich wartet, sie können es ruhig sagen, es macht mir nichts aus, schließlich bin ich eine erwachsene, unabhängige Frau, die nichts von diesem sentimentalen Getue hält." Lois schob trotzig ihr Kinn vor, doch obwohl sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, hatten ihr Perrys Worte einen Stich versetzt. Offenbar war sie wirklich die Einzige, die am Weihnachtsabend mal wieder alleine sein würde. Oh, ihre Mutter hatte sie zu sich eingeladen, doch Lois hatte mit einem fadenscheinigen Vorwand abgelehnt; sie glaubte nicht, erneut ein Weihnachten mit ihren streitenden Eltern aushalten zu können, auch wenn dies bedeutete, dass sie den Abend alleine verbringen musste.

"Lois, es tut mir wirklich Leid, aber Sie wissen doch, dass der Planet jedes Jahr über das Weihnachtsfest im Waisenhaus berichtet, es ist eine schöne Tradition und die Leute erwarten es von uns. Und außerdem, interessiert es Sie nicht auch ein bisschen, wer dieses Jahr den Weihnachtsmann spielt?" Perry zwinkerte ihr zu.

"Nein, nicht im geringsten Perry! Das wird wieder ein ach so wichtiger Kerl sein, der sich unglaublich viel auf seine Großzügigkeit und Nächstenliebe einbildet, weil er sich einmal im Jahr verkleidet und Geschenke verteilt, die er noch nicht mal selbst bezahlt hat. Nein, wirklich nicht!" Lois verzog das Gesicht und faltete abweisend die Arme vor der Brust. Wenn sie nichts von Weihnachten hielt, dann schloss das auch die Tradition des Waisenhauses ein, jedes Jahr einen bekannten Bürger der Stadt zu bitten, den Weihnachtsmann für die Kinder zu spielen und erst am Ende der Feier zu enthüllen, wer der geheimnisvolle Weihnachtsmann war. In Lois' Augen war dies eine reine Show, die nur der Profilierung des jeweiligen Weihnachtsmann-Darstellers diente, der sich anschließend im Ruf des Menschenfreundes sonnen konnte.

"Wie auch immer Lois, Sie werden jedenfalls heute Nachmittag dorthin gehen und uns die Story holen. Und sie vorzugsweise noch vor der Deadline heute Abend abgeben." Perry hob die Hand, als Lois erneut zum Protest ansetzten wollte. "Keine Widerrede, Lois! — Und wer weiß, vielleicht gefällt es Ihnen ja sogar," fügte Perry noch hinzu, bevor er die Türe seines Büros öffnete, um Lois hinauszulassen.

Lois schnaubte nur und stürmte an Perry vorbei aus der Tür.

Perry lachte leise in sich hinein. Er war überzeugt davon, dass jeder Mensch zu Weihnachten das Anrecht auf ein wenig feierliche Stimmung und fröhliche Gesichter um sich herum hatte und wenn gewisse Leute dies von sich aus nicht einsahen, musste man eben ein bisschen nachhelfen.

***

"Aber Schatz, das ist doch wundervoll! Natürlich macht es uns nichts aus, dass du etwas später kommst, es ist ja nicht so, als ob du auf ein Flugzeug angewiesen wärst." Martha Kents Enthusiasmus war auch am anderen Ende der Telefonleitung nicht zu überhören.

"Ja, sicher Mom, ich komme mir nur etwas seltsam vor, du weißt schon, mit dem Mantel und dem Bart und allem… Außerdem kam es ziemlich überraschend, sie haben mich erst heute morgen gefragt." Clark Kent saß auf seinem Bett und hielt den Hörer seines Telefons zwischen Schulter und Ohr geklemmt, während er mit beiden Händen einen roten Mantel vor sich hielt, den er kritisch beäugte.

"Oh, Schatz," lachte Martha, "ich hätte gedacht, dass gerade *du* mit Verkleidungen und Anzügen keine Probleme haben solltest."

"Mom! Ja, ja, lach du nur, aber es kommt mir trotzdem irgendwie komisch vor, dass Superman den Weihnachtsmann spielen soll. Ich meine, als Clark hätte ich ja nichts dagegen, aber…ich muss mich ja praktisch doppelt verkleiden…und außerdem…ich weiß nicht, ich meine Superman und Santa Claus, das passt doch irgendwie nicht," meinte Clark etwas zweifelnd, während er in der Schachtel wühlte, die er kurz zuvor von den Angestellten des Waisenhauses erhalten hatte. Schließlich brachte er einen zerzausten weißen Bart zutage.

"Komm schon, Clark, stell dich nicht so an! Es ist doch für einen guten Zweck und du weißt genau, wie sich die Kinder darüber freuen werden. Und sei doch mal ehrlich, es ist ja nicht so, als ob du nicht auch deinen Spaß daran hättest." Martha klang noch immer belustigt über das Unbehagen ihres Sohnes. "Weshalb hast du eigentlich erst so spät davon erfahren?"

"Ach, du weißt ja, dass es jedes Jahr eine Überraschung sein soll, wer den Weihnachtsmann spielt und deshalb werden die Leute erst kurz vorher gefragt. Außerdem haben die sich wohl gedacht, dass Superman eh keinen festen Stundenplan hat und sie ihn deshalb erst kurz vorher zu fragen brauchen." Clark schüttelte leicht den Kopf, als er daran dachte, für wie selbstverständlich die meisten Leute seine Verfügbarkeit als Superman hielten.

"Das Waisenhaus hat heute Morgen hier angerufen und mich gefragt, ob ich Superman bei ihnen vorbeischicken könnte. Und jetzt sitze ich hier mit einem roten Mantel und einem Rauschebart und probe mein *Ho, Ho, Ho*. Schließlich will ich niemanden enttäuschen." Clark seufzte leicht, lachte dann aber: "Du hast ja recht, ich werde sicher meinen Spaß haben, ich freu' mich schon auf die Kinder."

"Na siehst du," meinte Martha, "wir sehen uns also dann heute Abend und du kannst uns erzählen, wie's war. Und wer weiß, vielleicht haben wir für einen fleißigen Weihnachtsmann sogar noch etwas von unserem Truthahn übrig."

"Das will ich doch sehr hoffen!" rief Clark in gespielter Entrüstung und grinste dann. Das Weihnachtsessen seiner Mutter war etwas, worauf er sich schon Wochen im Voraus freute und sie wusste es ganz genau.

Ein durchdringender Sirenenton riss Clark aus seinen Gedanken. "Oh…ich muss aufhören, ich glaube, Superman wird gebraucht. Machs gut Mom, bis heute Abend," verabschiedete er sich hastig.

"Ja, bis dann Clark, viel Spaß."

***

Ungeduldig drückte Lois Lane auf die Hupe ihres silbernen Jeeps und verfluchte zum unzähligsten Mal die unglücklichen Autofahrer, die das Pech hatten, vor ihr in der Schlange zu stehen. Es war doch unglaublich, welche Nerven diese Leute hatten, an einem solchen Tag noch unterwegs zu sein. Die sollten doch alle zu Hause sitzen und glücklich im Kreise ihrer Familie dieses unsägliche Weihnachtsfest begehen und nicht hier draußen in der Gegend herumfahren und ihr den Weg versperren, wenn sie es eilig hatte.

Und natürlich hatte es zu allem Übel nun auch noch angefangen zu schneien, was den Verkehr noch zähflüssiger machte und Lois' Stimmung auf den Nullpunkt brachte. Von wegen weiße Weihnachten. In Metropolis bedeutete Schnee eher matschige Weihnachten oder rutschige Weihnachten und ganz definitiv staureiche und nervende Weihnachten.

Grimmig schaltete Lois in den dritten Gang und gab Gas um die Kreuzung mit der gerade auf Rot umspringenden Ampel noch zu überfahren, ohne dabei auf die Fußgänger zu achten, die erschocken vom Zebrastreifen zurücksprangen.

Als sie schließlich den Jeep vor dem Kinderheim in eine Parklücke steuerte, schneite es bereits in dicken, dichten Flocken und Lois wickelte sich fest in ihren Mantel ein, während sie zum Eingang des Gebäudes stapfte.

Von innen drangen ihr Weihnachtslieder und Gelächter entgegen und als sie die Türe des Eingangs aufzog, konnte sie den Geruch von Karamell-Bratäpfeln und Zimt wahrnehmen. Nun ja, es hatte ja schließlich niemand gesagt, dass alles an Weihnachten schlecht war! Wenn sie schon mal hier war, konnte sie genauso gut auch ein Auge auf das Weihnachtsgebäck werfen. Als Trostpflaster sozusagen.

Als sie den großen Saal betrat, hielt sie einen Augenblick inne. Der Raum war durch Kerzenlicht hell erleuchtet und überall mit Zweigen von Stechpalmen, Misteln und Tannen geschmückt. An den Wänden hingen Kinderzeichnungen mit weihnachtlichen Motiven und auf den Tischen saßen selbstgebastelte Papierweihnachtsmänner, von denen jeder eine brennende Kerze hielt. In der Mitte des Saales stand ein großer Weihnachtsbaum, dessen Schmuck im Kerzenlicht rot und golden glitzerte.

Lois schluckte kurz und atmete dann tief durch. Es war ja nicht so, als ob sie mit so einem Anblick nicht gerechnet hätte, schalt sie sich selbst. Himmel, es war Weihnachten, es war von den Leuten zu erwarten, dass sie sich ihren kitschigen Vorstellungen hingaben und den Kinder eine heile Welt vorspielten. Das hieß aber nicht, dass sie da mit machen musste, oder sich davon beeindrucken ließ. Nein, sie hatte hier einen Job zu erledigen und das würde sie tun und anschließend würde sie in ihre Wohnung zurückkehren und dort einen gemütlichen Abend verbringen.

'Ja, sehr gemütlich und sehr allein,' meldete sich eine ironische Stimme in ihrem Inneren zu Wort. 'Deine Abneigung gegen Weihnachten könnte nicht vielleicht etwas damit zu tun haben, dass du selbst als Kind nie ein schönes Weihnachtsfest erlebt hast?' Ärgerlich unterdrückte sie diese unwillkommenen Gedanken und ließ ihren Blick weiter durch den Raum schweifen.

Unter dem Baum hockten Kinder unterschiedlichen Alters im Kreis, und in ihrer Mitte saß unverkennbar der Weihnachtsmann. Sie war also doch zu spät gekommen und die Bescherung hatte bereits angefangen. Nun ja, sie vermutete, dass sie wohl nicht besonders viel verpasst hatte.

Von ihrem Standpunkt an der Türe aus beobachtete sie, wie der Weihnachtsmann ein Kind nach dem anderen auf seinen Schoß hob und leise mit ihm sprach. Dann durfte jedes von ihnen sich sein Geschenk aus dem großen braunen Leinensack suchen, der neben Santa Claus auf dem Boden stand. Der Mann schien sich für jedes Kind viel Zeit zu nehmen und aufmerksam zuzuhören.

'Na ja, wenigstens ist es jemand der zumindest den Anschein erweckt, seine Aufgabe ernst zu nehmen,' dachte Lois trocken.

"Miss Lane?"

Lois zuckte leicht zusammen, als sie von einer älteren Dame angesprochen wurde. Sie war grauhaarig, etwas rundlich gebaut und machte einen sympathischen Eindruck.

"Ich bin Mrs. Abbott, die Leiterin des Heimes. Wollen Sie mit zu uns herüber kommen, bis die Bescherung vorbei ist?" Mrs. Abbott deutete in eine Ecke des Saales, wo sich die Angestellten des Hauses versammelt hatten und sich offensichtlich bei Kaffee und Kuchen gut zu unterhalten schienen. Außerdem sah Lois dort auch mehrere Vertreter der Presse und die üblichen Mitglieder von Wohltätigkeitsvereinen sitzen.

"Ja, meinetwegen," stimmte Lois etwas zögernd zu und folgte der älteren Frau zu den Tischen mit den plaudernden Erwachsenen.

"Wir halten uns während der Bescherung etwas zurück, schließlich wollen wir den Kindern nicht den Spaß verderben, jetzt gehört Santa Claus erst mal ganz ihnen," erklärte die Heimleiterin bereitwillig.

"Mhm, ich verstehe. Und wer ist es nun?" fragte Lois leicht ungeduldig. Sie hatte von diesem Zirkus bereits jetzt die Nase voll.

"Na, Miss Lane, Sie erwarten doch nicht etwa, dass ich Ihnen das jetzt schon sage," lächelte Mrs. Abbott verschmitzt.

"Nein, vermutlich nicht," brummte Lois, der die ganze Sache immer mehr auf die Nerven ging. Sie beschloss, dass sie nun zumindest das Weihnachtsgebäck einer gründlichen Untersuchung unterwerfen würde. Lois nickte den Anwesenden an den Tischen kurz zu und ging dann schnurstracks in Richtung Kuchentheke.

Während sie sich dort einen Karamell-Apfel und ein Stück Gewürzkuchen auf den Teller lud, beobachtete sie weiter den Kreis der Kinder und den mysteriösen Weihnachtsmann. Wenn sie irgendwie selbst herausfinden konnte, wer er war, würde sie nicht mehr warten müssen, bis diese ganze lächerliche Sache aufgelöst wurde. Sie könnte nach Hause fahren, ihre Story schreiben und endlich ihre Ruhe haben. Wenn sie sich vorstellte, weitere zwei Stunden hier in dieser zuckersüßen Weihnachtsatmosphäre verbringen zu müssen, zog es ihr den Magen zusammen. Perry schuldete ihr definitiv etwas.

Lois knabberte an ihrem Apfel und fasste Santa Claus genau ins Auge. Irgendetwas kam ihr an dem Mann bekannt vor. Seine Haltung und seine Gestik waren ihr irgendwie vertraut. Und das bedeutete, dass sie diesen Weihnachtsmann kennen musste. Entschlossen, sich endlich Gewissheit zu verschaffen, stellte sie ihren Teller neben sich ab und näherte sich der Gruppe unter dem Baum.

Gerade in diesem Augenblick erhob sich der Weihnachtsmann von seinem Stuhl und der Kreis der Kinder löste sich auf. Die Bescherung war vorüber und jeder der Beschenkten war bestrebt, seinen neuen Besitz stolz den anderen zu zeigen. Santa Claus bewegte sich vorsichtig durch das Gewusel der Kinder auf die Gruppe der Erwachsenen zu.

Er schien Lois nicht zu bemerken und erst als er kurz vor ihr stand blickte er auf und sah ihr überrascht in die Augen. Lois stockte der Atem als sie ihn erkannte. Das durfte ja wohl nicht wahr sein!

Der Weihnachtsmann war Clark!

***

Clark bahnte sich vorsichtig seinen Weg durch die aufgeregt schwatzenden und lachenden Kinder. Es hatte ihm viel Spaß gemacht, für sie den Weihnachtsmann zu spielen und er hatte sich große Mühe gegeben, seine Sache gut zu machen. Die Kinder sollten ein schönes Weihnachtsfest haben und wenn er dazu etwas beitragen konnte, dann tat er es gerne.

Dankbar dachte er an seine eigene Kindheit zurück. Weihnachten war für ihn stets eine Zeit voller Zauber und Erwartungen gewesen. Die Menschen schienen dann alle näher zusammenzurücken und die Lichter ein klein wenig heller zu scheinen. Seine Eltern hatten viel Wert auf Traditionen gelegt und so war Weihnachten für ihn untrennbar verbunden gewesen mit Plätzchenbacken und abendlichen Lesestunden, mit Tannenduft und kribbelnder Vorfreude und natürlich dem gemeinsamen Aussuchen und Fällen des Weihnachtsbaumes. Auch heute noch fühlte er sich in der Weihnachtszeit in diese zauberhafte Stimmung zurückversetzt und es freute ihn, wenn er etwas davon an diese Kinder weitergeben konnte, die nicht so viel Glück gehabt hatten wie er.

Clark schmunzelte als er daran dachte, wie lange er selbst als Kind gebraucht hatte, um den Weihnachtsmann zu durchschauen, der von Wayne Irig sehr überzeugend und Erfurcht gebietend verkörpert worden war. Aber andererseits wusste gerade *er* auch sehr genau, dass eine Verkleidung vor allem eine Sache des Glaubens war und hauptsächlich durch die Vorstellungen und Wünsche des Betrachters funktionierte.

Clark musste bei diesem Gedanken lächeln. Dann merkte er, dass jemand vor ihm stand. Er blickte auf und sah direkt in die Augen seiner Partnerin: Lois! Wie kam *die* denn hierher?

Einen Moment lang regte sich leichtes Unbehagen in Clark und er kam sich in seiner Verkleidung lächerlich vor. Doch dann schob er den Gedanken beiseite, ob blauer Spandex oder roter Weihnachtsmantel, Lois würde Superman wohl in jedem Outfit anhimmeln, dessen war er sich leider nur zu sicher.

"Clark, das glaub' ich jetzt einfach nicht!" zischte Lois, während sie die Hände in die Hüfte stemmte und ihn mit einem vernichtenden Blick bedachte.

Clark durchfuhr es eiskalt, doch bevor er etwas erwidern konnte schimpfte Lois weiter: "*Du* spielst den Weihnachtsmann! Warum hast du mir nichts davon gesagt! Und konntest du die Story dann nicht selber schreiben?! Stattdessen lässt Perry mich hier antanzen, ich langweile mich zwei Stunden fast zu Tode, nur um dann zu erfahren, dass mein sogenannter Partner sich in seiner Freizeit mit einem roten Mantel verkleidet. Vielen Dank, Clark, wirklich!"

Clark versuchte, die aufsteigende Panik in sich zu unterdrücken, doch es gelang ihm nur mühsam, einen klaren Gedanken zu fassen. Lois durfte auf keinen Fall glauben, dass er Clark war! Er musste sie davon überzeugen, dass sie sich irrte.

Mit möglichst tiefer Stimme antwortete er: "Es tut mir Leid, Lois, aber du irrst dich, ich bin nicht Clark…"

Doch noch bevor er weitersprechen konnte, wurde er von Lois unterbrochen: "Haha, sehr witzig, Kent, wer bist du dann, der Weihnachtsmann?" Lois schnaubte. "Glaubst du etwa, ich bin blind? Ich lass' mich doch nicht von einem weißen Bart und einer Zipfelmütze zum Narren halten, für wen hältst du mich?!"

Lois hatte sich in Fahrt geredet und kümmerte sich nicht darum, dass sich einige der Kinder erstaunt nach ihr umblickten. "Und überhaupt, für wen halten die *dich* eigentlich? Du bist ja wohl kaum jemand, der zu den 'wichtigen' Leuten der Stadt gehört."

Clark wusste, dass er seine Chance verspielt hatte. Lois war sich zu sicher, dass sie mit Clark Kent sprach, als dass er sie noch hätte vom Gegenteil überzeugen können. Seine Gedanken rasten, als er nach einer Möglichkeit suchte, seine geheime Identität vor ihr zu bewahren. Lois musste hier raus! Sie durfte auf keinen Fall die Enthüllung des Weihnachtsmannes mitbekommen, oder er war erledigt.

Sie würde zwar auch dann, wenn sie nicht direkt dabei war, später mitbekommen, dass Superman dieses Jahr den Santa Claus im Waisenhaus gemimt hatte. Aber er hoffte, in diesem Fall noch irgendetwas hinbiegen zu können, etwa in der Art, dass er Superman mal kurz vertreten hatte, als dieser zu einem Notfall musste. Clark wusste, dass das weit hergeholt war, aber er war noch nicht bereit, so leicht aufzugeben und griff in seiner Verzweiflung nach jedem Strohhalm.

Er versuchte, die Panik in seiner Stimme zu unterdrücken, als er erwiderte: "Du hast recht, Lois, es tut mir wirklich Leid. Ich hab erst heute morgen davon erfahren, deshalb konnte ich es Perry nicht mehr sagen, aber natürlich schreibe ich die Story, ist doch selbstverständlich. Ich setzte auch deinen Namen mit drunter. Du kannst also jetzt ruhig gehen, es passiert ja nichts mehr Wichtiges, ich wünsch' dir frohe Weihnachten, Lois." Mit diesem Wortschwall führte Clark seine Partnerin Richtung Ausgang und öffnete ihr die Türe.

"Moment mal." Lois blieb plötzlich stehen und blickte Clark misstrauisch an. "Weshalb habe ich plötzlich das Gefühl, dass du mich loswerden willst? Hab' ich irgendwas nicht mitgekriegt?"

"Nein, nein, Lois, wie kommst du denn darauf?" erwiderte Clark rasch und lachte verlegen. "Ich dachte einfach nur, weil du doch Weihnachten nicht magst, willst du sicher nicht länger hier bleiben, jetzt wo du weißt, dass ich die Story für uns schreibe."

Skeptisch runzelte Lois die Stirn. "Warum nur nehme ich dir das nicht ab? — Nein, ich glaube, mir gefällt es hier doch ganz gut, ich denke, ich bleibe noch ein Weilchen." Mit diesen Worten wandte Lois sich um und marschierte wieder in den Saal zu ihrem verlassenen Teller.

Clark wollte ihr hinterhereilen, doch er wurde von Mrs. Abbott daran gehindert, die strahlend auf ihn zukam und ausrief: "Santa Claus! Da bist du ja, wir dachten schon, du wärst uns abhanden gekommen. Ich glaube, jetzt wird es Zeit für unsere Bekanntgabe, wenn es dir recht ist. Wir haben die jüngeren Kinder auf einen Weihnachtsspaziergang geschickt, schließlich wollen wir ihnen ja nicht die Illusion rauben, nicht wahr?" Sie zwinkerte Clark verschwörerisch zu.

Dieser nickte nur und brummte etwas Unverständliches. Er warf einen düsteren Blick in Richtung Kuchentheke, wo Lois sich wieder mit ihrem Karamell-Apfel beschäftigte und überlegte, ob er nicht einen Notfall vortäuschen und sich so vor der Enthüllung drücken könnte. Doch dann verwarf er den Gedanken wieder, sein Verschwinden würde Lois nur noch misstrauischer machen.

Außerdem hatte er zwar seine Probleme damit, anderen sein Geheimnis anzuvertrauen, aber so feige war er dann doch nicht, dass er einfach Reißaus nahm. Er hatte sowieso ein ziemlich schlechtes Gewissen, dass er Lois gerade eben so angelogen hatte und wollte nicht alles noch schlimmer machen. Nein, er würde bleiben, und wenn es so sein sollte, dass Lois deshalb von seiner doppelten Identität erfuhr, dann sollte es eben so sein. Prinzipiell vertraute er darauf, dass sie sein Geheimnis wahren würde, immer vorausgesetzt, dass sie im ersten Schock und Ärger nichts Unüberlegtes tat. Dieses Risiko würde er eben eingehen müssen. Es blieb ihm gar nichts anderes übrig.

Während Mrs. Abbott ihn zu der kleinen Bühne führte, die sich am anderen Ende des Saales befand, war Clark sich bewusst, dass Lois ihn die ganze Zeit über beobachtete. Nervös trat er von einem Fuß auf den anderen, während Mrs. Abbott sich auf der Bühne neben ihm aufstellte und die Enthüllung der Identität des diesjährigen Weihnachtsmannes ankündigte.

Gespannt versammelte sich die Schar der Gäste vor der Bühne und die anwesenden Kinder setzten sich zuvorderst in einem Halbkreis auf den Boden. Mrs. Abbott wartete, bis alle einen Platz gefunden hatten und räusperte sich dann. Die Gespräche im Saal verstummten bis auf ein gelegentliches Flüstern.

"Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kinder! Wie Sie wissen haben wir jedes Jahr das Vergnügen, einen bekannten Bürger unserer Stadt bitten zu dürfen, für uns den Weihnachtsmann zu spielen. Einige von Ihnen haben das sogar hautnah miterlebt, weil Sie selbst schon hier oben neben mir gestanden sind und darauf gewartet haben, dass Ihnen der Bart abgenommen wird." Die Heimleiterin machte eine kleine Pause, als vereinzeltes Gelächter aus den Zuschauerreihen kam. Sie lächelte und fuhr dann fort: "Wir sind jedes Jahr erneut dankbar, dass wir eine solch große Zustimmung von Ihnen erfahren und deshalb die Möglichkeit haben, unsere Tradition fortzuführen. Vielen Dank!" Die Zuschauer applaudierten höflich.

"Jetzt möchte ich Sie aber nicht mehr weiter auf die Folter spannen sondern nur noch sagen, dass wir dieses Jahr einen wirklich besonderen Santa Claus haben, der zweifellos keine Probleme gehabt hätte, tatsächlich mit einem Rentierschlitten durch die Luft geflogen zu kommen." Mrs. Abbott wandte sich zu Clark um und gab ihm ein Zeichen.

Clark schluckte. Es war so weit! Er hielt seine Augen unverwandt auf eine einzige Gestalt im Saal gerichtet. Clark hoffte sehr, dass er das Richtige tat und der Blick, den er Lois zuwarf, enthielt eine stumme Bitte um Vertrauen.

Dann begann sich Santa Claus langsam vom Boden zu heben, bis er etwa einen Meter über der Bühne schwebte.

Einen Augenblick herrschte verblüffte Stille. Dann fingen die Leute im Saal an zu jubeln und zu applaudieren und die Kinder sprangen auf und strahlten.

"Superman! Es ist Superman!"

***

Lois stand mit offenem Mund in der Menge und starrte auf die schwebende Gestalt, welche sie eindringlich anblickte.

Sie blinzelte. Das Bild blieb dasselbe.

Der Weihnachtsmann war Superman? — Aber das bedeutete ja … *Clark* war Superman?!

Lois fühlte sich plötzlich leicht schwindlig und ihre Gedanken rasten, als sie die Implikationen des Gesehenen zu erfassen versuchte.

Ihr sanftmütiger und harmloser Partner, der naive Farmboy aus Kansas, der sich oft so ungeschickt anstellte und der von ihr Lektionen in Abgebrühtheit und journalistischer Hartnäckigkeit erhielt, war in Wirklichkeit Superman? Dieser nette Junge von nebenan, der ihr morgens Kaffee brachte und ihr schlechte Witze erzählte, flog in seiner Freizeit in Strumpfhosen herum und rettete die Welt? Lois schnappte scharf nach Luft und sie musste sich zusammennehmen, um nicht in ungläubiges Gelächter auszubrechen.

Plötzlich drängte sich ihr ein weiterer Gedanke auf: Er hatte sie an der Nase herumgeführt! Er hatte sie glauben lassen, er sei zwei verschiedene Personen und hatte sich vermutlich heimlich darüber amüsiert, wie sie, die gefeierte Top- Enthüllungsreporterin völlig ahnungslos und blauäugig Superman angehimmelt hatte, während er direkt neben ihr den harmlosen Reporter gab. — Und welcher der beiden war echt, Clark oder Superman?

Lois wusste nicht mehr, was sie denken sollte, sie wusste nur eines: Sie musste hier raus und zwar schnell! Sie drehte sich auf dem Absatz um und hastete zur Tür ohne auf die erstaunten Blicke der Umstehenden zu achten, die ihr Verhalten für mehr als seltsam halten mussten. Doch noch bevor sie die Türe ganz erreicht hatte, spürte sie eine Hand auf ihrem Arm.

"Lois, warte!"

Clark hatte von der Bühne aus mit einem sinkenden Gefühl in der Magengrube beobachtet, wie Lois ihn zuerst ungläubig angestarrt hatte, dann bleich geworden war und sich schließlich abrupt umgedreht hatte, um fluchtartig in Richtung Ausgang zu eilen. Er verzog innerlich das Gesicht.

Sicher, sie musste geschockt sein um es milde auszudrücken, verwirrt und, was wahrscheinlich noch schlimmer war, wütend und enttäuscht. Er hatte definitiv nicht vorgehabt, sie auf diese Weise wissen zu lassen, wer er war, obwohl sie auf seiner Liste von möglichen Kandidaten so ziemlich den ersten — und einzigen — Platz einnahm. Auf eine Art war er zwar froh, dass es nun endlich passiert war, doch es schien, als würde Lois dieses Gefühl zumindest im Moment nicht teilen.

Als er ihr, noch immer in seinem Weihnachtskostüm, hinterhereilte, überlegte er flüchtig, was wohl die Leute von dieser Szene denken mochten, doch dann verdrängte er den Gedanken. Lois war im Moment wichtiger.

Als er sie kurz vor dem Ausgang einholte und am Arm berührte zuckte sie leicht zusammen und drehte sich dann langsam zu ihm um. Clark schluckte. "Lois, ich… also, weißt du… ich möchte dir das erklären…"

Doch Lois unterbrach ihn, bevor er weitersprechen konnte. "Wenn du mich entschuldigst, *Superman*," sagte sie betont, "ich sollte jetzt gehen und meine *Story* schreiben. Perry wartet sicher schon darauf."

Und damit schüttelte sie seine Hand ab und schlüpfte durch die Tür nach draußen. Kälte schlug ihr entgegen und sie atmete einen Moment tief durch. Es war bereits dunkel geworden und das Schneetreiben hatte zugenommen. Dichte Flocken fielen und hinterließen nun eine weiße Decke auf Boden und Dächern.

"Äh, Lois…warte doch mal!" Clark kam zur Tür heraus und eilte ihr auf den Parkplatz hinterher. "Welche Story…ich meine, du…du meinst doch nicht…du willst doch nicht etwa…"

Lois suchte mit zitternden Händen ihren Schlüssel und öffnete die Wagentür. Dann drehte sie sich um. "Was glaubst du?"

Clark zögerte einen Moment und blickte sie dann an: "Ich…ich glaube dass du eine Story über das Weihnachtsfest im Kinderheim schreibst…und dass du eine viel heißere Story wahrscheinlich nicht schreiben wirst?" Clarks Stimme klang etwas unsicher, doch dann fügte er bittend hinzu: "Lois, ich möchte dir alles erklären…"

"Nein, Superman…oder Clark…oder wer auch immer du bist, das ist nicht nötig, ich habe schon verstanden. Dein Leben ist deine Privatsache, das du offensichtlich mit niemandem teilen willst, in Ordnung. Du hast es bisher nicht getan, warum solltest du es also jetzt tun, es besteht keine Notwendigkeit dazu, keine Sorge. Und jetzt lass mich bitte in Ruhe, ich habe nämlich auch ein Privatleben, das niemanden sonst etwas angeht." Lois' Stimme war kalt, obwohl sie ein leichtes Zittern nicht verbergen konnte. Mit ihren letzten Worten ließ sie Clark stehen, stieg in den Jeep und knallte die Türe zu. Dann startete sie so schnell es nur ging den Motor und legte den Gang ein, bevor sie mit einem halsbrecherischen Schwung aus der Parklücke fuhr.

Als Lois vom Parkplatz auf die Straße abbog, sah sie noch einmal in den Rückspiegel Richtung Waisenhaus. Dort, im Schneetreiben nur undeutlich erkennbar, stand verloren eine Gestalt in einem roten Mantel.

***

Clark blickte Lois nach, als sie davonfuhr und fühlte sich elend. Weshalb nur war alles so schief gelaufen? Er überlegte sich, ob er ihr hinterher fliegen sollte, doch er wusste es besser. Sie hatte deutlich gemacht, dass sie ihn im Moment nicht sehen wollte und er wollte sie auf keinen Fall noch zusätzlich provozieren.

Er wusste, dass sie verletzt war und dass sie deshalb auf ihn losgegangen war. Vermutlich würde sie sich in ihrer Ehre als Enthüllungsreporterin gekränkt fühlen, bei dem Gedanken daran, dass sie sein Geheimnis nicht selbst herausgefunden hatte. Er zweifelte jedoch nicht daran, dass sie nichts darüber schreiben würde, auch wenn sie ihn für einen Moment mit ihrer Andeutung aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.

Was Clark jedoch größere Sorgen bereitete war, wie sein Verhältnis zu Lois diese Enthüllung überstehen würde. Gerade hatte sie sich Clark gegenüber ein wenig zu öffnen begonnen, hatte ihren Schutzwall etwas gesenkt und ihn einen Blick auf ihre verletzlichere Seite werfen lassen. Erst wenige Tage zuvor war sie zu ihm geflüchtet, als von Sebastian Finn Mordanschläge auf sie verübt worden waren und er hatte gespürt, welches Vertrauen sie dabei in ihn gesetzt hatte.

Doch wie würde es nun sein, da sie wusste, dass er und ihr angebeteter Superheld ein und derselbe waren? Würde sie Clark noch erkennen, oder würde sie in ihm nur noch Superman sehen?

"Superman?"

Mrs. Abbott war nach draußen gekommen und schaute ihn fragend an: "Ist etwas passiert? Die Kinder warten auf dich, es wäre wirklich sehr nett…"

Clark seufzte leicht.

"Ich komme," sagte er und wandte sich um, um wieder ins Haus zu gehen.

***

Lois saß im Dunkeln ihres Appartements, löffelte Schoko-Chip- Eiscreme und dachte nach.

Als sie vor einer Stunde nach Hause gekommen war, hatte sie die Türe so heftig ins Schloss geworfen, als wollte sie die ganze Welt aussperren. Sie war froh gewesen, dass Clark sie nicht aufgehalten hatte und ihr nicht gefolgt war, denn sie war sich nicht sicher gewesen, dass sie nicht plötzlich anfangen würde zu schreien oder zu weinen, wenn sie auch nur noch ein Wort zu Clark hätte sagen müssen.

Erst nach einer langen, heißen Dusche hatte sie sich so weit beruhigt, dass sie die Weihnachts-Story für Perry hatte schreiben und abschicken können.

Und zwar nur diese eine Story.

Sie hatte nie wirklich vorgehabt, ihre Entdeckung öffentlich zu machen, denn sie wusste genau, was das für Konsequenzen haben würde. Dennoch war ihr diese Drohung in jenem Augenblick recht gekommen, in dem sie verzweifelt versucht hatte, die über sie hereinbrechenden Tatsachen zu verkraften und dabei ihre Haltung zu bewaren. Es war eine Möglichkeit gewesen, Clark auf Distanz zu halten und ihr so die Flucht vor ihm zu gestatten.

Clark.

Der sich über die letzten Wochen hinweg heimlich einen Weg in ihr Herz geschlichen hatte, ohne dass es ihr bewusst geworden war. Bei dem sie ganz selbstverständlich in ihrer Angst vor Sebastian Finn Zuflucht gesucht hatte. Der jedoch seinerseits nicht genug Vertrauen in sie gehabt hatte, ihr sein Geheimnis mitzuteilen, bis sie schließlich selbst darüber gestolpert war.

Lois' anfänglicher Ärger über Clarks Lügen und Täuschungen hatte sich schon vor einer Weile gelegt und einer bitteren Enttäuschung Platz gemacht. Sicher, sie wusste, dass sie Clark anfänglich nicht gerade freundlich behandelt hatte und sie konnte irgendwie sogar verstehen, dass er deshalb nicht gerade scharf darauf gewesen war, ihr alles über sich zu erzählen. Vor allem nicht, nachdem sie sein Alter-Ego im Cape so ungehemmt angehimmelt hatte.

Und dennoch…

Hatte sich ihr Verhältnis in letzter Zeit nicht verändert?

Waren sie und Clark sich nicht näher gekommen?

Natürlich bewunderte sie Superman noch immer und bei dem Gedanken daran, fast fünf Monate mit ihm zusammengearbeitet zu haben, lief ihr unwillkürlich ein Schauer über den Rücken.

Aber ihre Verehrung für den Superhelden bedeutete doch nicht, dass sie ihn weniger schätzen würde, wenn sie wusste, dass er als ganz normaler Mensch arbeitete und lebte. Dass er Fehler hatte und Launen, sich freuen oder ärgern konnte, wie jeder andere auch.

'Im Gegenteil,' wurde sie sich bewusst, 'er wird dadurch…*mehr*.'

Erst jetzt wurde ihr klar, wie wenig sie eigentlich von Superman wusste und wie sehr er immer eine distanzierte und etwas eindimensionale Persönlichkeit geblieben war. Und sie verstand auch, dass dies von Clark so beabsichtigt war.

Was sie jedoch nicht verstehen konnte war, dass er *ihr* nicht vertraut hatte. Er hätte doch wissen müssen, dass er ihr in letzter Zeit wichtig geworden war und dass sie ihn nie verraten hätte. Doch anscheinend dachte er nicht so.

Plötzlich fiel ihr ein, dass Clark ja gewusst haben musste, was er an diesem Abend tat. Dass er sich ihr gegenüber verraten würde, wenn er sich als Superman zu erkennen gab. Dennoch war er geblieben und hatte es in Kauf genommen.

'Ja, aber erst, nachdem er es nicht geschafft hatte, dich loszuwerden,' bemerkte eine Stimme in ihrem Hinterkopf.

Lois seufzte und stand auf. Die Eiscremeschachtel war leer und Lois warf sie frustriert in den Papierkorb. Dann ging sie durch ihr dunkles Wohnzimmer ans Fenster und schob die Vorhänge zur Seite, um hinauszublicken.

Es schneite noch immer leicht und alles war von einer dicken Schicht frischen Schnees bedeckt, der, ungewöhnlich für Metropolis, noch ziemlich unberührt und weiß war. Es musste noch kälter geworden sein und auf den Straßen war kaum mehr jemand zu sehen.

Natürlich, es war Heiligabend und die meisten Menschen saßen wohl schon im Kreis ihrer Familie zu Hause um zu essen und zu feiern. Unwillkürlich fragte sich Lois, was Clark wohl gerade machte. War er noch bei den Kindern im Waisenhaus, oder war er schon unterwegs nach Smallville, um mit seiner Familie Weihnachten zu feiern?

Das war auch etwas, an das sie sich gewöhnen musste: Selbst Superman hatte eine Familie, so dass er am Weihnachtsabend nicht alleine war.

'Was wäre, wenn er zu mir kommen würde?' fragte sie sich auf einmal und blickte einen Augenblick lang voller Hoffnung in den nächtlichen Himmel. Doch sie sah nur die wirbelnden Schneeflocken, die ihr ununterbrochen aus den dunklen Wolken entgegenfielen.

'Nein,' schalt sie sich selbst, 'warum sollte er?' Schließlich hatte er es klar genug gemacht, dass sie ihm nicht wirklich wichtig war. Und sie hatte ihm klar genug zu verstehen gegeben, dass sie keinen Wert auf seine Gesellschaft legte.

Es klopfte an der Tür und Lois fuhr erschrocken zusammen.

Zögernd bewegte sie sich auf die Türe zu, unentschlossen, ob sie öffnen sollte. Hoffentlich war es nicht ihre Mutter, oder die Nachbarin. Hoffentlich war es…

"Lois?"

Ihr Herz machte einen Satz, als sie die Stimme erkannte und sie beeilte sich, die vielen Schlösser an der Tür zu entriegeln. Fieberhaft überlegte sie sich dabei, was sie zu ihm sagen sollte.

Als sie die Türe schließlich öffnete, blickte sie in das Gesicht eines ziemlich betreten schauenden Clark Kents.

***

Clark hatte noch eine endlos wirkende halbe Stunde bei den Kindern verbracht, in der er immer unruhiger geworden war. Bevor er jedoch begann, für alle sichtbar auf dem Stuhl hin und her zu rutschen, hatte er sich, einen nichtexistenten Notfall als Grund vorschiebend, von der Gesellschaft verabschiedet.

Er sagte sich, dass Lois ihn nicht sehen wollte, doch nur Augenblicke nachdem er aus der Tür des Waisenhauses getreten war, befand er sich in der Luft und auf dem Weg in Richtung ihres Appartements.

Aber noch bevor er sein Ziel erreicht hatte, hörte er Hilferufe. Ein Weihnachtsbaum war in einem Appartement in Flammen aufgegangen und das Feuer hatte auf die Gardinen übergegriffen. Bis er den Brand gelöscht und die verängstigte Familie so weit beruhigt hatte, dass er es wagte, sie alleine zu lassen, war es auf den Straßen bereits ruhiger geworden und das Schneegestöber hatte sich etwas gelegt.

Clark beschloss, das kurze Stück bis zu Lois zu Fuß zurückzulegen. Während er durch den Schnee stapfte, die Hände tief in den Taschen vergraben, drehten sich seine Gedanken um das was im Kinderheim passiert war. Er war sich nicht sicher, ob es wirklich klug war, Lois zu besuchen, sie hatte es deutlich genug gemacht, dass sie nicht mit ihm sprechen wollte.

Doch er konnte sich nicht helfen, er hatte das Bedürfnis, sie zu sehen und sich zu versichern, dass sie in Ordnung war. Vor allem aber wollte er herausfinden, ob sie noch immer Freunde waren, oder ob das Geschehene alles zwischen ihnen verändert hatte. Würde sie enttäuscht sein, dass sich ihr angehimmelter Superheld als nicht ganz so unfehlbar herausgestellt hatte? Oder würde sie wütend auf ihn sein, dass er sie im Unwissenden gelassen hatte?

Clark wusste es nicht, doch er hoffte sehr, dass sie in ihm noch immer einen Freund sehen konnte und vielleicht irgendwann einmal sogar mehr…

Als Clark vor Lois' Appartementhaus ankam, stoppte er plötzlich. Ihr Fenster war dunkel und ein Gefühl der Enttäuschung machte sich in ihm breit. Sie war nicht zu Hause. Natürlich, in seinem Eifer, sich mit Lois auszusprechen, hatte er ganz vergessen, dass sie ja heute bei ihrer Mutter eingeladen war.

Niedergeschlagen ließ er die Schultern sinken und wandte sich um, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung in ihrem Fenster wahrnahm. Clark senkte seine Brille um genauer hinzusehen. Oben, am dunklen Fenster ihres Wohnzimmers, stand Lois und schien in Gedanken versunken in den Himmel zu starren.

Clarks Herz tat einen Satz, als er sie so dort stehen sah und Sekunden später stand er vor ihrer Türe und klopfte.

Zunächst blieb alles still und er dachte schon, sie hätte ihn nicht gehört. Dann nahm er zögernde Schritte auf der anderen Seite der Türe war.

"Lois?"

Clark hoffte sehr, dass sie ihm öffnen würde und ihm die Gelegenheit geben würde, alles zu erklären. Nur mühsam konnte er sich davon abhalten, über den Rand seiner Brille hinweg durch die Türe zu blicken. Erleichtert hörte er, wie sie begann, ihre unzähligen Schlösser zu entriegeln und schließlich stand Lois vor ihm im Türrahmen des dunklen Appartements.

"Lois? Darf ich kurz reinkommen?" Clark blickte sie etwas unsicher an und fuhr sich nervös durch die Haare. Er wusste nicht, wie sie reagieren würde.

Lois trat zur Seite und ließ ihn herein. Sie sah ihn mit einem unleserlichen Gesichtsausdruck an. "Warum bist du gekommen? Wenn du dir Sorgen machst, wegen der Story…"

"Nein, nein," warf Clark hastig ein. "Ich weiß doch dass du niemals etwas darüber schreiben würdest, ich vertraue dir."

"Ach, du vertraust mir?" Lois hob spöttisch eine Augenbraue. "Ahh, ich verstehe! Und du vertraust mir offenbar sogar so sehr, dass du unglücklicherweise vergessen hast, mir ein winzig kleines Detail über dein tägliches Leben zu erzählen. Aber sicher war das ja keine große Sache, weshalb solltest du dich also damit abgeben, die dumme Lois einzuweihen. Schließlich bin ich ja nur eine von vielen die du haben könntest und warum ausgerechnet eine kleine Reporterin nehmen, die nicht einmal ein Huhn von einem Ei unterscheiden könnte, geschweige denn einen Hinterwäldler von einem Außerirdischen."

Lois hatte sich in Fahrt geredet und ihre Augen blitzten, als sie Clark mit einer ausgewachsenen Mad-Dog-Lane-Tirade bedachte. Obwohl Clark mit etwas Ähnlichem gerechnet hatte, fuhr er instinktiv einen Schritt zurück.

Gleichzeitig jedoch wusste er, dass ihr angriffslustiges Verhalten nur ihre Art war, sich zu schützen. Sie war verletzt. Sie war verletzt und unsicher und versuchte dies hinter einer Fassade von Aggressivität und Zynismus zu verbergen.

Clark erkannte plötzlich, wie unwichtig und unbegründet seine Sorge gewesen war, ob Lois ihn, Clark Kent, überhaupt noch wahrnehmen würde, nachdem sie wusste, dass er auch Superman war. Denn natürlich tat sie das.

Nein, es ging hier um etwas ganz anderes, etwas viel Wichtigeres.

Es ging um Vertrauen.

Vertrauen, das er ihr nicht entgegengebracht hatte. Vertrauen, das sie glaubte, verdient zu haben, das er ihr aber in ihren Augen nicht geschenkt hatte. Und dadurch hatte er sie zutiefst verletzt.

Was wohl einerseits bedeutete, dass Clark Kent ihr nicht unwichtig war. Was aber andererseits auch bedeutete, dass er einiges wieder gutzumachen hatte.

"Lois, Lois, du weißt, dass das nicht wahr ist!" rief er und seine Stimme schwankte leicht. "Du bist die einzige, die mich je interessiert hat und ich würde nie jemand anderen haben wollen als dich. Außerdem finde ich, dass du eine *brillante* Reporterin bist."

Clark trat einen Schritt auf sie zu und sagte bittend: "Lois, es tut mir so Leid, dass ich dir nichts gesagt habe, dass ich dich angelogen habe. Ich war dumm, ich war…unsicher, aber das hatte nichts mit dir zu tun. Du wärst die Einzige gewesen, der ich es je hätte erzählen wollen. Aber ich habe mich nicht getraut. Nicht weil ich dir nicht vertraut hätte, sondern weil ich es einfach nicht gewöhnt bin, mit anderen darüber zu sprechen. Bitte, glaub mir! Bitte?"

Clark ließ Lois nicht aus den Augen und wartete angespannt auf ihre Reaktion.

Um Lois' Mundwinkel zuckte es. Sie blickte ihn einen Moment lang an, dann drehte sie sich plötzlich um und hastete durch den Raum in Richtung Fenster, als wolle sie möglichst viel Abstand zwischen sich und Clark legen. Clark wusste nicht genau, was er davon halten sollte, offensichtlich konnte oder wollte sie ihm nicht antworten.

Er beobachtete etwas unsicher, wie sie sich ihren Weg durch das dunkle Wohnzimmer suchte. Auf halbem Weg stieß sie sich am Kaffeetisch und Clark hörte sie leise fluchen.

Und auf einmal fiel ihm auf, was die ganze Zeit schon am Rande seines Bewusstseins darauf gewartet hatte, dass er es wahrnahm. Sie sollte gar nicht hier sein! Und schon gar nicht in einem abgedunkelten Appartement! Erst jetzt wurde ihm die Absurdität der Situation bewusst und ohne sich die Mühe zu machen, das Licht einzuschalten, ging er ihr durch das dunkle Zimmer hinterher.

"Lois!" Clark trat neben sie, doch sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und blickte angestrengt aus dem Fenster auf die schneebedeckte Straße, als ob sie dort jemanden zu sehen erwartete. "Weshalb bist du eigentlich *hier*? Ich dachte du wärst am Weihnachtsabend bei deiner Mutter? Sie wartet doch bestimmt schon auf dich!" wunderte er sich.

"Nein, tut sie nicht." Lois drehte sich zu ihm um.

"Aber, du hast mir doch erzählt, dass sie dich eingeladen hat und dass du hingehen wirst?!" hilflos blickte Clark sie an.

"Ja, das hab' ich dir gesagt und auch jedem anderen, der mich gefragt hat. Glaubst du etwa, ich wäre scharf darauf gewesen, von allen die Mitleidstour zu erhalten und sie hinter meinem Rücken flüstern zu hören? 'Ah sieh' mal, da kommt Lois, weißt du schon, dass sie Weihnachten mal wieder alleine ist? Keiner kann es mit ihr lange genug aushalten, aber wen wundert das schon.'" Trotzig schaute sie Clark an, doch ihre Unterlippe zitterte leicht. "Nur weil ich an Weihnachten alleine bin, heißt das nicht, dass ich zu bedauern bin, schließlich hasse ich Weihnachten und überhaupt gibt es doch gar nichts zu feiern…" Lois brach ab, als sie merkte dass ihre Stimme zu wackeln anfing.

"Oh, Lois," Clarks Stimme klang sanft und er streckte unwillkürlich seine Hand aus, um ihr leicht über die Wange zu streicheln. "Warum hast du denn nichts gesagt…"

Lois biss sich auf die Lippe und in ihre Augen trat ein verdächtiger feuchter Schimmer. Sie schniefte leicht und begann dann angestrengt in ihrer Hosentasche herumzuwühlen. Schließlich reichte Clark ihr seine Taschentuch. Sie nahm es und begann sich damit die Augen zu wischen und die Nase zu putzen, während sie beide schweigend im Dunkeln am Fenster standen.

In der Stille, die sich zwischen ihnen ausbreitete, spürte Clark, dass zwar noch vieles ungesagt geblieben war, doch der Sturm war vorüber und sie waren noch immer Freunde. Das machte ihn unglaublich froh und er fühlte, wie seine Liebe für diese erstaunliche Frau, die da neben ihm stand, ihn mit einem warmen Glücksgefühl erfüllte.

"Clark?" Lois flüsterte fast.

"Hmm?" fragte er sanft.

"Glaubst du wirklich…," sie zögerte einen Moment, "glaubst du wirklich, dass ich eine gute Reporterin bin?" Sie warf ihm unter ihren Wimpern hervor einen unsicheren Blick zu.

"Absolut," sagte Clark fest. "Du bist die beste, intelligenteste und mitfühlendste Reporterin, die ich je kennen gelernt habe. Keiner könnte dir je Konkurrenz machen."

"Aber ich habe mich von einer einfachen Brille täuschen lassen," stieß sie leicht verzweifelt hervor, "das spricht nicht gerade für meinen journalistischen Instinkt."

"Ja, aber andererseits hat dich ein Bart und eine Zipfelmütze nicht davon abgehalten, mich zu durchschauen. Ich hatte keine Chance." Clark zwinkerte ihr zu.

Gegen ihren Willen musste Lois kichern und nach einem Augenblick meinte sie: "Ich glaube nun mal nicht an den Weihnachtsmann."

"Siehst du, und das ist das ganze Geheimnis. Die Menschen sehen jemanden, auf den sie ihre Hoffnungen und Träume projizieren und geben ihm dadurch eine Persönlichkeit nach ihren Wünschen. Wir glauben und sehen das, was wir zu sehen erwarten. Es ist weniger die Verkleidung, die man trägt, als viel mehr die Vorstellungskraft der Menschen, die eine Figur lebendig werden lassen." Clark machte eine kleine Pause um das Gesagte wirken zu lassen.

Dann meinte er: "Für kleine Kinder ist der Weihnachtsmann wirklich, weil sie mit ihm bestimmte Dinge verbinden. Deshalb kommen sie zunächst gar nicht auf die Idee, dass er jemand anderes sein könnte, dass er nicht echt sein könnte. Du dagegen glaubst nicht an Weihnachten und den Weihnachtsmann, also hattest du auch keine Schwierigkeiten, die Verkleidung zu durchschauen."

Er schaute sie liebevoll an, bevor er fortfuhr: "Andererseits verbindest *du*, wie viele andere Menschen, Hoffnungen und Träume mit *Superman*. Die Menschen haben auch eine bestimmte Vorstellung von *ihm*, die sie auf ihn übertragen und deshalb funktioniert seine Verkleidung. Und in diesem Fall trägst du auch dazu bei und du hattest keinen Grund, deinem Bild von ihm nicht zu glauben."

"Mhm…" Lois blickte nachdenklich zum Fenster hinaus, während sie an den Ecken des Taschentuchs zupfte, das sie noch immer in ihrer Hand hielt.

Clark trat näher an sie heran und schob sie dann sanft zur Seite. "Darf ich?" Er öffnete das Fenster. Auf ihren erstaunten Blick hin erwiderte er: "Wir beide haben heute Abend nämlich noch etwas vor."

Damit trat er einen Schritt zurück und wirbelte in sein Superman-Kostüm. Noch bevor sich Lois von ihrem Schock erholen konnte, hatte er sie in seine Arme genommen und war mit ihr zum Fenster hinaus geflogen.

***

Lois wusste kaum wie ihr geschah. Noch Augenblicke zuvor war sie mit Clark am Fenster ihres Appartements gestanden und jetzt befand sie sich hoch oben am nächtlichen Himmel über Metropolis in seinen Armen. Staunend blickte sie auf die Stadt unter ihr, die durch ihr winterlich-weißes Gewand einen ungewöhnlich sauberen Eindruck machte.

Plötzlich schienen die Umrisse der Häuser unter ihr zu verschwimmen und zu einem einzigen Strich aus Grau zu verschmelzen. Clark flog so schnell, dass sie nicht mehr erkennen konnte, wo sie waren. Unwillkürlich klammerte sie sich etwas fester an seinen Hals.

"Alles in Ordnung?" fragte er und blickte ihr leicht besorgt ins Gesicht.

"Ja, mir geht's gut," versicherte sie und wollte dann wissen: "Wo fliegen wir hin?"

Er grinste leicht und meinte dann nur: "Wart's ab."

Lois fühlte sich zu erschöpft um zu protestieren und tröstete sich mit dem Gedanken, dass es ja nicht allzu lange dauern konnte, bis sie es erfahren würde. Für heute war ihr Reporterinstinkt genügend gefordert gewesen und sie wollte jetzt einfach nur den Flug in Clarks Armen genießen. Sie seufzte und musste dann lächeln, weil Clark ihr einen amüsierten Blick zuwarf.

Lois kicherte plötzlich leise, als ihr ein Gedanke kam.

"Was?" fragte Clark.

"Wer hätte gedacht, dass ich heute Abend noch mit dem Weihnachtsmann durchbrennen würde," meinte sie verschmitzt.

"Tja, siehst du, dieses Privileg haben eben nur wenige und du sogar, obwohl du gar nicht an ihn glaubst," gab er scherzhaft zurück und zwinkerte ihr zu.

Lois wurde still, als sie darüber nachdachte, dass es auf eine Art wirklich stimmte. Sie gehörte nun zu den wenigen Auserwählten, welche die Möglichkeit hatten, Clark Kent wirklich kennen zu lernen. Ihn so zu sehen, wie er war, wenn er nicht einen Teil seines Selbst verbergen musste und wie er sich nur sehr wenigen Menschen auf dieser Welt zeigen konnte. Lois fühlte sich tatsächlich privilegiert und ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus. Sie kuschelte sich enger an Clark.

"Ist dir kalt?" fragte er.

"Mm, ja, ein bisschen," log sie und wurde rot. Er sollte ja nicht denken, dass sie auf einmal zudringlich wurde, doch sie war nicht bereit, den Abstand zwischen ihnen wieder zu vergrößern, es fühlte sich viel zu gut an.

"Wir sind gleich da," verkündete er.

Nur wenige Augenblicke später begannen sich aus der verschwommenen Welt, die sie umgab, wieder Umrisse abzuzeichnen. Unter ihnen lagen weite, schneebedeckte Felder, die im hellen Licht des Mondes glitzerten und der Himmel darüber war tiefschwarz und sternenübersät. Lois hielt den Atem an.

Die Sterne leuchteten mit einer solchen Klarheit und Intensität, wie sie es noch nie zuvor gesehen hatte. Die weißbedeckte Landschaft strahlte Ruhe und Unberührtheit aus und schien sich nach allen Seiten hin ins Unendliche zu erstrecken. Eine tiefe, friedliche Stille lag über der gesamten Szenerie.

Schließlich sah Lois, worauf sie zuflogen. Mitten auf der weiten, weißen Ebene lag, fast völlig eingeschneit, die Farm von Clarks Eltern. Die Fenster waren hell erleuchtet und warfen einen warmen Schein auf den Schnee, der fast bis an die Fensterbretter reichte.

Clark landete kurz vor der Tür und setzte Lois sanft ab. Als er sie bei der Hand nahm, um auf das Haus zuzugehen, hielt sie ihn zurück. "Clark, bist du sicher, dass deine Eltern nichts dagegen haben? Ich meine, Weihnachten ist ein Familienfest und sie erwarten bestimmt keine Gäste, es wäre wahrscheinlich besser…"

"Schscht, Lois, es ist in Ordnung. Meine Eltern werden sich freuen, dass du kommst. Und verhungern werden wir bestimmt auch nicht, wie ich Mom kenne." Clark grinste sie an.

Lois gab nach und ließ sich willig von ihm zum Hauseingang führen. Als sie gemeinsam auf der Türschwelle standen hob Clark die Hand, um anzuklopfen, doch dann hielt er inne. Er hatte ein leichtes Funkeln in den Augen, als er sich zu ihr umwandte. "Lois, ich glaube, ich muss dich jetzt küssen."

Überrascht fuhr sie ein Stück zurück und fragte: "Warum?"

Stumm deutete Clark nach oben und Lois hob ihren Blick. Dort, über dem Türrahmen, war ein Mistelzweig angebracht. Und sie standen beide direkt darunter.

"Oh…" Lois zögerte einen Augenblick. "Ja, wenn das so ist…"

Ihr schlug das Herz bis zum Hals, als sie erwartungsvoll den Kopf hob. Sie spürte, wie Clarks warme, weiche Lippen sie sanft berührten und unwillkürlich erwiderte sie seinen Kuss. In ihrem Inneren schienen Schmetterlinge zu tanzen und ihre Haut prickelte, als sein weicher Atem über sie strich. Ohne den Kuss zu unterbrechen zog er sie sanft an sich heran und sie schlang ihre Arme um seinen Hals. Die Zeit schien stillzustehen.

Als sie sich schließlich etwas atemlos von ihm löste und einen Schritt zurücktrat, sah sie, wie seine Augen leuchteten. Er griff nach ihrer Hand und klopfte dann an die Türe.

Während sie warteten flüsterte Clark ihr zu: "Wie gut, dass es Weihnachtsbräuche gibt. Und weißt du, Lois, ich würde mir keine Sorgen machen, ich bin sicher, dass auch du irgendwann den Zauber von Weihnachten erleben wirst."

Lois schaute ihn an und lächelte dann.

"Ich glaube, das habe ich schon," murmelte sie.

Als Martha Kent ihnen die Türe öffnete, um sie in die warme Stube einzulassen, war sich Lois ganz sicher, dass dies ein wirklich interessantes und zauberhaftes Weihnachtsfest werden würde.

~Ende~

***

Frohe Weihnachten euch allen!